Ängste und Phobien

Tinnitus

 

Tinnitus ist eine Erkrankung, bei der die Betroffenen störende Ohrgeräusche im Sinne von Pfeifen, Rauschen oder Knistern wahrnehmen. Mit der Erkrankung ist oft eine hohe psychische Belastung verbunden, insbesondere dann, wenn die Ohrgeräusche als sehr quälend und unkontrollierbar wahrgenommen werden. Nicht selten tritt der Tinnitus bei messbarer Minderung der Hörfähigkeit in einem bestimmten Frequenzbereich auf. Vor Beginn der Behandlung sollte differenziert werden zwischen Tinnitus mit klarer Ursache nach Hörsturz, Lärmtrauma, Tauchen oder Mittelohrentzündung und Tinnitus, der ohne körperlich nachvollziehbare Ursache entstanden ist.

Wenn keine Minderung der Hörfähigkeit vorliegt, kann es sich um ein Ohrgeräusch handeln, das durch psychischen Stress entstanden ist. Viele Betroffene geben bei dieser Form von Tinnitus Stress im beruflichen oder privaten Bereich als möglichen Auslöser an. Auch belastende Gefühle der Vergangenheit, die im Emotionsgedächtnis abgespeichert sind, können den individuellen Stresspegel erhöhen und ein Ohrgeräusch verstärken oder gar bedingen.

Blutdruckveränderungen, die durch Stress, Sauna und Sport entstehen, können das Ohrgeräusch kurzfristig verstärken. Bei Annahme des normalen Blutdruckes normalisiert sich die Wahrnehmung jedoch wieder. Auch Schlafentzug und fehlende Ruhephasen sollten vermieden werden, da sich diese negativ auf das Ohrgeräusch auswirken können. Viele Patienten berichten zudem über deutliche Schwankungen des Ohrgeräusches im Tagesverlauf ohne erkennbare Auslöser. Normal im Laufe einer Tinnitus- Erkrankung sind auch bessere und schlechtere Phasen.

Im Gegensatz zu einem chronifizierten Beschwerdebild können als Ursachen Drehschwindel, Lärmschäden, Hörbeeinträchtigungen oder organische Beeinträchtigungen, u.a. Probleme mit der Hals-Wirbelsäule oder im Zahn-Kiefer-Bereich vorliegen.

Tinnitus und Hörsturz

 

Auch wenn die genaue Entstehung von Hörstürzen ohne Lärmtrauma bisher nicht geklärt ist, so ist es doch sehr naheliegend, dass die meisten Hörstürze welche ohne Lärmtrauma entstehen, durch Platzen eines kleinen Blutgefäßes in dem Teil des Ohres, der für die Versorgung der Haarzellen verantwortlich ist, die häufigste Ursache darstellt. Ich vertrete die These, dass es unter Stress zu einer Gefäßverengung durch Adrenalin sowie einem erhöhten Blutdruck kommt, welches zu einem Druckanstieg im Gefäß und zum Platzen des Mikrogefäßes führt. Da Hörsturze häufig bei Menschen mit intakten Gefäßwänden ohne Vorliegen von Arterienverkalkung vorliegen, ist ein Hörsturz durch Gefäßverschluss im Ohr äußerst unwahrscheinlich und damit selten. Durch das Platzen eines kleinen arteriellen Blutgefäßes kommt es zu einer Mangelversorgung der Haarzellen in dem entsprechenden Versorgungsgebiet. In der Folge stirbt ein Teil der Haarzellen ab, andere Teile, die von einer Mitversorgung benachbarter Blutgefäße profitieren, erholen sich wieder. Dafür spricht die Tatsache, dass die Betroffenen nach einem Hörsturz oft nach einigen Tagen wieder eine messbare Verbesserung der Hörminderung erleben. Ein Teil der Nervenzellen kann jedoch so geschädigt sein, dass er keine normalen Ruhe- Impulse mehr an unser Gehirn sendet. Durch die Schädigung der Haarzellen leiten diese keine oder nur noch gestörte Impulse an das Hörzentrum in der Hirnrinde, wodurch das Tinnitus- Geräusch entsteht. Für diese These spricht auch, dass das Ohrgeräusch, welches die Patienten wahrnehmen, auf derselben Tonhöhe liegt, wie der Frequenzbereich, der bei dem Hörsturz geschädigt wurde.

 

Die Möglichkeiten der Hypnose in der Tinnitus- Behandlung

 

Hypnose dient der Hilfe zu einem verbesserten Umgang mit dem Ohrgeräusch. Hypnose kann Menschen, die unter einem dekompensierten Tinnitus leiden, dabei helfen diesen in einen kompensierten Tinnitus, also ein erträgliches Ohrgeräusch zu verwandeln.

 

Häufig werden die sich entwickelnden Ohrgeräusche nach einem Hörsturz als sehr belastend wahrgenommen und die Betroffenen entwickeln zusätzlich Ängste. Diese Ängste wirken sich tinnitusverstärkend aus und sollten mit der Hypnose behandelt werden um den Kreislauf aus belastendem Ohrgeräusch und Angst frühzeitig zu unterbrechen. Wichtig zu wissen für die Betroffenen eines Hörsturzes mit Tinnitus ist, dass die belastende Wahrnehmung des Ohrgeräusches sich mit der Zeit deutlich bessert und die Anfangsphase meist die höchste Belastung mit sich bringt. Gerade in der Anfangsphase erscheinen die neuentstandenen Ohrgeräusche besonders belastend und eine Fokussierung auf das Geräusch verstärkt die Symptomatik. Mit der Zeit nimmt die Intensität des Geräusches meist deutlich ab und es wird nur noch zeitweise wahrgenommen.

Liegen keine körperlich bedingten Ursachen für Ohrgeräusche vor, kann es sich um einen durch psychischen Stress bedingten Tinnitus handeln. In diesem Fall wird man mit der Hypnose die belastenden Faktoren und Gefühle bearbeiten, um indirekt eine Verbesserung des Ohrgeräusches zu erzielen.

Durch das Erlernen von Selbsthypnose haben Patienten zusätzlich die Möglichkeit, selbst einen Teil zu einem besseren Umgang mit dem Ohrgeräusch beizutragen. Selbsthypnose kann zur Modulation des Ohrgeräusches und Reduzierung von Stress genutzt werden.

 

Akut- Phase eines Hörsturzes

 

Leider gibt es noch keine wissenschaftlichen Studien zur Wirkung der Hypnose in der Akut- Phase nach Auftreten eines Hörsturzes. Es gibt auch keinen Nachweis darüber, dass die in Deutschland durchgeführte Infusionstherapie nach Hörsturz mit Cortison oder durchblutungsfördernden Mitteln besser wirkt als ein Placebo.

 

Studien zur Hypnosebehandlung bei Tinnitus

Die aktuellste Studie zur Hypnosebehandlung bei Tinnitus stammt aus dem Jahr 2012. Bei dieser prospektiven Longitudinalstudie wurde bei 39 Patienten mit einem schweren idiopathischen Tinnitus der individuelle Belastungsgrad durch den sogenannten Tinnitus Handycap Inventory (THI) vor, während und nach der Hypnosebehandlung erhoben [1]. Die festgestellten Verbesserungen waren in dieser Studie signifikant.

In einer prospektiven Longitudinalstudie aus dem Jahr 2009 wurden 49 Patienten mit verschieden stark ausgeprägten Formen von Tinnitus behandelt. 14 Patienten führten die Studie nicht bis zum Ende durch, bei allen 35 in der Studie verbliebenen Patienten zeigten sich signifikante Verbesserungen des THI bei mildem, mittelstarkem und auch bei ausgeprägt schwerem Tinnitus [2].

Ein Kollektiv von 393 Patienten mit chronischem und subakutem Tinnitus wurde 28 Tage stationär mit einem multimodalen Behandlungskonzept mit Hypnose behandelt. Die Belastung durch den Tinnitus und die Lebensqualität wurden durch den Tinnitus- Fragebogen und Gesundheits- Fragebogen erhoben. In dem beschriebenen Zeitraum konnten bei 90,5 % der Patienten mit subakutem und 88,3 % der Patienten mit chronischem Tinnitus hoch signifikante Verbesserungen erzielt werden [3].

In einer aus dem Jahr 1993 stammenden Studie wurden 45 Männer mit chronischem Tinnitus nach Lärmtrauma in drei unterschiedliche Behandlungsgruppen unterteilt. Es wurde jeweils eine Gruppe mit Selbsthypnose, eine mit Maskierung und eine mit Eingehen auf individuelle Beschwerden behandelt. Dabei zeigte alleine die Patientengruppe, die mit Selbsthypnose arbeitete, signifikante Verbesserungen [4].

Mehrere Studien weisen darauf hin, dass die durch die Hypnose erreichten Verbesserungen der Ohrgeräusche auch Wochen und Monate nach der Behandlung weiter bestehen [3, 5].

1. Yazici, Z.M., et al., Effectiveness of Ericksonian hypnosis in tinnitus therapy: preliminary results. B-ENT, 2012. 8(1): p. 7-12.
2. Maudoux, A., et al., Ericksonian hypnosis in tinnitus therapy. B-ENT, 2007. 3 Suppl 7: p. 75-7.
3. Ross, U.H., et al., Ericksonian hypnosis in tinnitus therapy: effects of a 28-day inpatient multimodal treatment concept measured by Tinnitus-Questionnaire and Health Survey SF-36. Eur Arch Otorhinolaryngol, 2007. 264(5): p. 483-8.
4. Attias, J., et al., Comparison between self-hypnosis, masking and attentiveness for alleviation of chronic tinnitus. Audiology, 1993. 32(3): p. 205-12.
5. Attias, J., et al., Efficacy of self-hypnosis for tinnitus relief. Scand Audiol, 1990. 19(4): p. 245-9.